Störungen haben Vorrang! Übergehe deinen emotionalen Schmerz nicht, sondern löse ihn endgültig auf.

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Wenn du Schmerz spürst, willst du normalerweise das Außen verantwortlich machen (also deine Umwelt, dein Gegenüber, das Leben selbst, etc.). Es gibt für dich einen Schuldigen, der getadelt oder bestraft wird bzw. werden muss. Er steht in deiner Schuld, weil er dir Schmerz zugefügt hat. Und es ist nun seine Bringpflicht, es wieder gut zu machen und sich so zu verhalten, dass es dir besser geht und natürlich einzusehen, dass er falsch ist, so wie er ist und er ich ändern muss, damit er durch dich von seiner Schuld befreit werden kann. Du also klagst und das Gegenüber muss nun etwas tun, damit du von deinem Schmerz befreit wirst. Schließlich ist es seine Schuld, nicht deine. Dein Schmerz zwingt dich förmlich dazu, die Welt nun in richtig und falsch einzuteilen. Und was ist richtig? Du. Was ist falsch? Dein Gegenüber. Erst, wenn dein Gegenüber sich wieder so angepasst hat, wie du es willst, ist er richtig. Wie willst du es? So, dass dir kein Schmerz zugefügt wird. Am besten, nie wieder.

Doch dein Gegenüber hat dich lediglich auf Schmerz aufmerksam gemacht, den du bereits in dir trägst. Ich rede nicht davon, dass dir jemand auf die Fresse haut, dich beklaut. willentlich runtermacht, mobbt oder dich vergewaltigt. Das ist akuter, physischer und psychischer Schmerz in unterschiedlichen Formen und Ausmaß. Aber er ist akut, sprich, er ist eine aktuelle Bedrohung, die ihren Ursprung in diesem Moment hat, in dem sie erscheint. Ich aber rede vom emotionalen Schmerz, den du seit der Ursprungs-Erfahrung von Schmerz nun mit dir herum trägst, ihn nicht loslassen kannst, ihn nicht verarbeitet hast, ihn unterdrückst, kompensierst, verdrängst und was weiß ich noch alles – woraufhin du angefangen hast, dich zu schützen, andere zu manipulieren, Dingen aus dem Weg zu gehen, zu beschuldigen, zu bestrafen (andere oder dich selbst) und nun dein Leben von diesem Schmerz gesteuert wird, sich Meinungen und Ansichten in dir zu einer Persönlichkeit gefestigt haben, die nun alles daran setzt, sich die Welt so einzureden, dass es einem Zweck dient: Diesen Ursprungs-Schmerz nicht mehr zu fühlen, bzw. dafür zu sorgen, dass nichts mehr diese gemachte Erfahrung von Schmerz berührt. Denn im Grunde fühlst du es die ganze Zeit. Einfach deshalb, weil du es am Tag der Ersterfahrung nicht verarbeitet hast. Du hast dich dagegen gewehrt und einen inneren Widerstand aufgebaut, der nun dafür sorgt, dass der Schmerz in dir gefangen ist.

Anstatt den Stachel rauszuziehen, kümmerst du dich darum, dass niemand diesen Stachel berührt.

Ich rede davon, dass du das gar nicht mitbekommst, aber dennoch hier und da emotional an die Decke gehst und meinst, im Recht zu sein, weil du ja Schmerz spürst, den du nicht spüren müsstest, hätte dein Gegenüber sich nur anders verhalten. Doch ich zeige dir jetzt, dass du allein an deinem noch immer bestehendem Schmerz schuld bist und du allein die Verantwortung hast, da raus zu kommen und dich zu befreien. Und das komplett unabhängig davon, ob das Außen sich nach deinen Wünschen hin anpasst oder weiterhin dir eigentlich plausible Gründe liefert, warum du Recht hast, wenn du sagst: „Du bist schuld, dass ich mich scheiße fühle, wütend oder traurig bin, mich so und so fühle. Du musst etwas tun, etwas ändern, dich bei mir entschuldigen, mir versprechen, es nie wieder zu tun, dich so anpassen, wie ich meine, wie es sein muss. Tust du es nicht, bist du schlechter als ich und wir müssen unsere Begegnungen einschränken. Willst du dich nicht ändern und mir immer wieder weiter Schmerz zufügen, dann werde ich mich entweder an dir rächen, dich verlassen oder daran zugrunde gehen. Deswegen musst du dich ändern!“ Du sprichst Drohungen aus – schlimme Konsequenzen, die es haben wird, wenn er sich nicht sofort ändert.

Zu sagen, du seist für deinen Schmerz verantwortlich und dass du Schuld daran hast, kann in solchen Kontexten missverstanden werden. Es heißt nicht, du sollst bleiben, wenn bspw. eine Beziehung toxisch ist oder ein Arbeitgeber dich täglich zur Sau macht. Es geht darum, wie du grundsätzlich dein Leben gestaltest aufgrund der Tatsache, dass du Schmerz in dir trägst, den du nicht verarbeitet hast und deswegen dein Leben überwiegend nur dazu dient, diesem Schmerz aus dem Weg zu gehen, statt frei und in deiner Klarheit zu sein, die dich erkennen lassen könnte, was wirklich wahr ist und was nur Augenwischerei deiner eigenen Illusion ist. Anstatt also dem Leben offen gegenüber zu sein, rennst du von A nach B, dein Leben unter Kontrolle zu halten. Und das ist die Ursache für dein Leid. Doch du kannst es beenden und das glückliche Leben leben, welches du suchst, wenn du diesen Mechanismus erkennst und dich von ihm befreist!

Auch früher wurde uns schließlich etwas angetan, was für unseren Schmerz gesorgt hat. Eine Beschuldigung, eine Bestrafung, eine Ungerechtigkeit. Als Kinder konnten wir Schmerz nicht gut verdauen. Reflexion, Retrospektive, die Metaebene konnten wir nicht einnehmen.

Alles, was wir hatten, war Schmerz und die Hilflosigkeit und Ohnmacht, die dieser auslöste. 

Wir bauten Schutzmechanismen auf. Jeder auf seine Art und Weise. Schutz wovor? Davor, dass der Schmerz nicht mehr ausgelöst wird. Der Schmerz blieb. Er war nicht weg. Wir haben nur geschaut und gelernt, was alles uns an unserem Wunden Punkt treffen kann und versuchen seit dem, diesen Punkt nicht zu berühren. Doch tut irgendwas es doch, dann kommen heftige emotionale Reaktionen: blinde Wut, Anschuldigungen, Hass, Zorn, etc. – all die nach außen gerichteten Emotionen, die den Verursacher ausfindig und dingfest machen wollen. 

Und das alles, weil wir den Schmerz nicht fühlen wollen. Wieso das so ist, schrieb ich bereits hier: https://kuyome.com/der-grund-fuer-deine-probleme-und-wie-du-dich-vom-schmerz-befreist/

Doch um uns von unserem Schmerz zu befreien, müssen wir ihn fühlen. Und wir müssen uns auch unser gesamtes Konstrukt dieser Persönlichkeit anschauen und fühlen, die dann aktiv wird: Alle Gedanken, alle Bilder und alle Erinnerungen, die dabei hochkommen. Doch wie geht das?

Störungen haben Vorrang.

Störungen sind wie kleine Bügelfalten, die uns im Alltag ausbremsen, kurz irritieren, über die wir aber gern schnell hinweggehen. Doch sie bleiben. Sie kleben an uns, summieren sich und entladen sich dann an anderer Stelle. Der schiefe Blick da, der Unterton dort, die gebrochene Erwartung hier. Ein Aufblitzen kurzer Unzufriedenheit, kurzer Wut, kurzem Missverständnis. Schauen wir uns diese Störungen an, können wir uns verändern. Denn wir unterdrücken nicht mehr die kleinen Falten, sondern fangen an, unser Hemd glattzubügeln. Was meine ich damit? Wir erlauben es uns, diese Irritationen zu fühlen, statt sie zu umgehen und zu unterdrücken. Sonst werden aus diesen kleinen Falten schnell große.

Wenn du dich in einer Situation unwohl fühlst, es aber nicht siehst, dir nicht eingestehst und es nicht ganz durch dich durch fließen lässt, fängst du an, Widerstand aufzubauen. Widerstand, der Energie im Wegdrücken dieser Erfahrung verbraucht. Energie, die nun darauf gerichtet ist, was zu dieser Irritation geführt hat und nun Sorge tragen will, dass dir nicht mehr davon passiert. Nun versuchst du unbewusst das Leben bzw. deinen Alltag so zu gestalten, dass nicht noch mehr Irritationen entstehen. Anstatt frei und erleichtert herumzulaufen, bist du angespannt aufgrund dieser Irritation, die du nicht verarbeitet hast, die nun deine Aufmerksamkeit hat und nach der du nun dein Leben ausrichtest.

Je weniger wir davon verdauen, desto mehr ziehen wir Erinnerungen dazu, die sich mit diesem abgelehnten, unverdautem Gefühl verbinden: Ein unverarbeiteter böser Blick hier gesellt sich zu einem unangenehmen Unterton da. Und schon regt es uns auf, wenn uns jemand im Weg steht. Das geht soweit, dass wir heftige emotionale Ausbrüche bekommen, wenn Dinge nicht so laufen, wie wir es wollen – je nach dem, wie tief der Schmerz sitzt, sprich, wie lang er schon in uns wohnt und wieviel zugehörige kleine Bügelfalten-Erinnerungen sich dazugesellt haben und diesen nun wie Schichten einer Zwiebel einhüllen. Wollen wir an den Kern der Zwiebel, müssen wir Schicht um Schicht abtragen, statt noch mehr Schichten drauf zupacken. Deswegen haben Störungen Vorrang!

Bevor die heftige emotionale Reaktion kommt, gibt es einen Augenblick, in dem es uns in unserem wunden Punkt trifft: Der Impuls.

Ein Blick, ein verpasster Termin, eine Absage, ein Gedanke, eine Erinnerung, ein Duft – irgendwas löst etwas aus. Es ist der Impuls. Dieser bringt uns aus dem Gleichgewicht, weil er Teile in uns aktiviert, die wir nicht kontrollieren konnten und nur weggeschoben haben. An genau diesem Punkt müssen wir bleiben und den Blick von der Bedrohung weg und auf unser Empfinden lenken, auf unser Wahrnehmen. Dieses ist urteilsfrei und ohne Wertung, ohne Vermutung, ohne Analyse und Gedankenkonstrukte. Es ist noch vor den Gedanken.

Wie gelangen wir dort hin?

Zunächst können wir Ich-Botschaften uns selbst zusagen: Anstatt „Du bist ein Arsch, weil du dies und das gemacht hast“ (übrigens: das geht auch mit uns selbst: „Ich bin ein Arsch, weil ich es schon wieder nicht gekonnt habe…“) bleiben wir beim Wahrnehmen und dem Fühlen: „Ich fühle mich gerade wütend.“

„Warum“ ist immer eine gute Frage zum vertiefen:

Warum fühlst du dich wütend? Vermutlich ist erstmal der Blick auf den Auslöser im Außen gerichtet.

Aber was genau daran macht dich wütend? Du bekommst dadurch ein detaillierten Einblick über dich und deine Werte, Ansichten, Meinungen, Erwartungen.

Wie hättest du es gern anders gehabt?

Warum hättest du es gern anders gehabt?

Was wäre jetzt anders?

Wie würdest du dich dann anstelle fühlen?

Wut und nach Außen gerichtete Emotionen sind nur Beschützer unserer wahren Wunden: Hilflosigkeit, Alleinsein, Lieblosigkeit, Ohnmacht, Angst, Versagen – Gefühle, die wir im Inneren wie ein Geheimnis tragen und oft selbst nicht sofort sehen.

Die Wut muss nicht geheilt werden, sondern der verletzte Teil, den die Wut beschützen will.

Was also liegt hinter der Wut?

Was kannst du neben der Wut noch fühlen?

Kommt dir dieses Gefühl bekannt vor? Erinnert es dich an eine ähnliche Erfahrung?

Ist es neu oder hast du es schon mal gefühlt, in einer ähnlichen Situation? Kommen dir deine Reaktionen und Gedanken bekannt vor? Bist du sie gewohnt?

Hast du gute Gründe, warum du jetzt gerade Recht hast, dich wütend zu fühlen und zu beschuldigen? Sind diese Gründe gerade erst entstanden, oder schon länger alt? Hattest du diese Gründe schon zuvor in anderen Situationen angebracht?

Zieht sich deine Argumentation weiträumiger und schließt noch andere Erfahrungen und Meiungen über erlebte Geschehnisse mit ein?

Baut sich dir eine große innere Welt auf?

Und welche Emotionen liegen diese Welt zugrunde?

Um diese Welt zu verstehen, dich aber auch aus ihr zu befreien, brauchst du Abstand. Deswegen gehst du bei den oben benannten Ich-Botschaften über von „Ich fühle mich ohnmächtig“ zu „Ich fühle Ohnmacht“. 

Du schaltest einen Beobachter ein, der nur wahrnimmt. Somit betrachtest du deine innere Welt von Außen und nicht mehr aus ihr heraus. 

Und dann entspannst du dich in die Störung hinein:

Wann genau spürtest du die Störung? An welchem Punkt?

Gehe an den Punkt zurück. Spürst du die Veränderung in dir? Spürst du, was dieser Punkt in dir in Gang setzt? Die Emotionen, die hochkommen, noch vor der Wut? Die Enttäuchung, die Angst, die Minderwertigkeit, die Ablehnung? Die Leere, Sinnlosigkeit, Machtlosigkeit?

Was machst du nun damit?

Diesen Schmerz willst du beschützen, damit ihn keiner berührt. Doch du musst verstehen, dass du genau dadurch den Schmerz behältst. Du konservierst ihn tief in dir. Er muss aus dir raus. Du bist vergiftet. Du trägst einen Stachel in deinem Fuss. Und jedesmal wenn du auftrittst, brüllst du wie ein Löwe. 

Wie geht der Stachel raus?

Du musst den Körper entspannen. Du musst in dem Feuer verbrennen, das entsteht, wenn du nicht mehr auf die Situation im Außen oder auf deine eigenen Gedanken über dich reagierst. Wenn du nicht mehr glaubst, wofür du dir doch so viele gute Beweise und Argumente bringst. Wenn du sagst: „Ich werde nicht zulassen, dass ich weiterhin vor diesen Schmerzen zurückschrecke. Ich fühle es jetzt so total, dass ich keine Angst mehr vor den Schmerzen habe. Dass ich jedesmal, wenn mich jemand dort berührt, ich mir nicht mehr die gleichen Storys erzähle. Dass ich mich nicht mehr vom Schmerz verleiten lasse, die Welt zu verbrennen. Lieber verbrenne ich mein altes Selbst im Feuer dieses Schmerzes, welches doch nur Futter durch diesen Schmerz bekommt.“

Wenn du das als der Beobachter tust, der das alles sieht und wahrnimmt, sich aber nicht mit der Story identifiziert, erkennst du, dass nur eine Persönlichkeit verbrennt, nur eine Illusion, nur eine alte Geschichte, die du dir erzählt hast. Es ist am Anfang schwer. Sie zieht, sie drückt und schiebt, sie ist Sucht und Zwang. Widerstehe diesem Zwang und brich mit der Sucht nach diesen Gefühlen und Bestätigungen.

Brich mit der Sucht nach deiner alten, vertrauten Identität, die mit dem Schmerz verbunden ist.

Begreife: Du brauchtest diese Gefühle und Bestätigungen, weil sie ein Schutzschild sind, dafür, dass das Leben nicht deine Wunden berührt. Denkst du: „Ich weiß genau, dass mir xyz immer widerfährt“ ist das ein Schutzschild. Denkst du: „Ich bin unfähig, alle sind besser, mir geschieht das immer, das Leben ist unfair, ich sehe keinen Sinn“, dann sind es diese Gedanken, die den Schmerz in dir wieder hochbringen, dich an ihn erinnern und daran, dass da etwas in dir ist, was die weh tut und was du verbergen musst, verstecken musst, beschützen musst. Es sind eben diese Gedanken, die ein Schutzschild für deinen Schmerz bilden. Sie nehmen deinen Schmerz in Schutz. Sie hüllen ihn ein, betten dich darin und halten die Welt vor dir fern. Denn würden sie es nicht tun, bestünde die Gefahr, dass du ins offene Messer rennst, wenn du dich mit deinen Wunden, aber ohne diese sich selbst bestätigenden Schutzschilde, nach außen traust. Solang du diese Wunden hast und nicht bereit bist, sie zu lösen, in dem du lernst, dich mit diesem miesen Gefühl zu entspannen und alles bleiben zu lassen, was dieses Gefühl aufrecht erhält, dann wirst du im Außen immer die gleichen Erfahrungen machen, die dir nur wieder bestätigen, warum es besser ist, am Schmerz festzuhalten.

Ich weiß, es ist paradox: Du willst dich vom Schmerz befreien, doch das, was du tust, hält dich im Schmerz gefangen. Die Augen zuzukneifen vor dem bösen Monster in unserem Rücken, sorgt leider nicht dafür, dass das Monster verschwindet. Meist wird es nur größer und machtvoller. Das blöde ist nur: Wir gewöhnen uns daran und entwickeln äußerst krankhafte Verhaltens- und Denkweisen.

Angenommen, du bist in deiner Beziehung, fühlst dich aber einsam, allein und missverstanden – obwohl du dich im Grunde nach Liebe sehnst. Aber dein Partner vermittelt dir immer das Gefühl, du wärest nicht richtig – so zumindest ist

1.) deine Wahrnehmung,

2.) die Beurteilung dieser Wahrnehmung aufgrund früherer Erfahrungen und den Erinnerungen daran,

3.) die Vermutung, woran es liegt und schließlich

4.) deine Schlussfolgerung, warum es nur so sein kann.

Und das alles auf der Basis deiner Schmerz-Brille, die du seit Jahren aufhast.

Du achtest auf all die Zeichen, die dir deine Schlussfolgerung bestätigen, weil du im Grunde selbst willst, dass du allein bist, bzw. dich weiterhin so fühlst. Denn: Angenommen, du würdest diesen Schmerz des Alleinseins und des nicht-geliebt-Seins in dir tragen und nun naiv in die Beziehung gehen und dann stellt sich heraus, der Andere betrügt dich – das würde dich emotional schwer treffen. Du weißt um diese Wunde. Also schaust du, ob eine Gefahr bestünde: Da, er ruft wieder nicht an. Schau, er hört mir wieder nicht zu. Sieh, er versteht mich wieder nicht. Und du fühlst deinen Schmerz, der an diesen Gedanken hängt: Der Schmerz, du könntest wieder verletzt werden, obwohl du es bereits schon bist. Du bist es die ganze Zeit. Alles, wovor du Angst hast, ist, dass deine bereits bestehende Verletzung wieder berührt wird. Nun wirst du zurückweisend, anschuldigend, kontrollierend, vorwurfsvoll, sabotierend und manipulativ, mit dem Gedanken: „Es muss so sein, wie ich es vermute. Es kann gar nicht anders sein. Es war schon immer so und alles deutet darauf hin. Ich beweise mir, dass ich Recht habe.“ Nur, damit nicht geschieht, was du befürchtest: Dass du zurückgewiesen und verletzt wirst. Lieber verletzt du selbst. Oder nimmst es vorweg, damit du sagen kannst: „Hab ich’s doch gewusst. Ich hatte Recht. Ich wusste es die ganze Zeit!“ Somit kannst du deinen Schaden in Grenzen halten.

Aber was hast du gemacht? Du hast deinen Schmerz beschützt. Du wolltest ihn nicht zeigen. Lieber hast du deinen Schmerz in Schutz genommen und dich um ihn gekümmert, damit er dir nicht gefährlich werden kann. Du verschließt dich der Welt, anstatt dich ihr zu öffnen. Öffnen würde wehtun und das vielleicht stärker, als weiterhin all die kommenden Jahre deinen Schmerz auf Sparflamme zu halten.

Doch diese Sparflamme verbrennt langsam dein ganzes Leben.

Du baust ein Konstrukt aus Meinungen, Ansichten, Verhaltensweisen und Denkmustern auf, was zu deiner Persönlichkeit wird, die immer mehr verhärtet und dich vereinnahmt. Diese Persönlichkeit ist an diesen Schmerz gebunden. Es brennt sich in deinen Körper hinein, weil es zur Gewohnheit wird, sich so zu fühlen, wie du dich fühlst, und zu verhalten, wie du dich verhältst. Es brennt sich in deinen Verstand, der nur noch in diesem Muster und Rahmen denken kann. Und Denken und Fühlen kreieren die gleichen Entscheidungen und die gleichen Handlungen und die gleichen Erfahrungen, die bestätigen, was du vorher schon wusstest: „Ich hatte Recht! Die Welt ist schlecht. Ich bin scheiße, ich schaffe es nie, ich bin einsam, ich werde betrogen.“

Du suchst nach der Bestätigung, um deinen Schmerz zu schützen.

Wie kommst du da raus?

Du musst mit dieser Persönlichkeit brechen.

Wie?

Bei Erfahrungen nicht mehr dein gewohntes Fühlen und Denken bestärken und deine alte Persönlichkeit im Feuer des Schmerzes verbrennen. Lass es durch dich durchströmen. Bleibe hinter dieser Persönlichkeit zurück. In der Leere, in dem Nichts. Werde zu nichts. Stirb in dem Feuer. Verbrenne dich selbst. Und entspanne deinen Körper dabei. Atme tief und zieh den Stachel raus. Lass die Gefühle zu. Beschütze sie nicht mehr. Gehe nicht in das Konstrukt hinein, dass du all die Jahre aufgebaut hast, so sehr es auch an dir zerren mag. Du setzt dich selbst auf Entzug von dir selbst. Du bist die Droge, die du täglich genommen hast und die nun in der Welt Futter, sprich Auslöser sucht, die dir den Stoff der gewohnten Persönlichkeit geben.

Du bist süchtig nach deinem Schmerz und der Bestätigung dessen.

Du hast eine gesamte Identität darum entwickelt. Diese muss gebrochen werden. Das ist Entzug. Das tut weh. Das ist ungemütlich. Aber: Es muss nicht so hart sein. 

Es gibt ein Gegenmittel, was dich motiviert, da durch zu gehen: Und zwar der Blick nach vorn. Es ist deine Vision, dein Wunsch an dich selbst, die Sehnsucht, nach dem freien Menschen, der du wirklich sein willst.

Sie es so: Eigentlich beschützt du den Schmerz dein Leben lang ja nur, weil du dachtest, das wäre eine gute Methode, um klar zu kommen und um Frieden und Glück zu finden. Also eigentlich willst du Frieden und Glück. Also musst du dir klar machen, dass du es so, wie bisher, nicht erreichen kannst. Wäre dem so, hättest du es ja erreicht. Was aber hast du erreicht? Dass du ständig an die Decke oder in Selbstmitleid untergehst.

Es muss einen anderen Weg geben. Und dieser Weg geht durch die Angst durch und durch den Tod dieser alten, an den Schmerz gebundene Persönlichkeit. Am anderen Ende wartet all das, was diese Persönlichkeit gesucht hat. Du wartest am anderne Ende. Du siehst es noch nicht, du weißt es noch nicht, aber stell dir vor, es wäre so: Wie würdest du dich fühlen, wenn du nicht mehr von deinem Schmerz davon rennst? Wenn all der Kampf und Steit aufhört? Wenn du nicht mehr beschuldigen und bestrafen und beklagen müsstest? Wenn all diese düstere Welt auf- und wegbricht? Du kannst für diesen Bruch sorgen. Du allein. Wolltest du nicht mächtig sein, statt ohmächtig und hilflos? Du hast die Chance dich selbst zu retten.

Der Schritt führt ins Unbekannte, in etwas, dass du vielleicht nicht kennst. Aber du kennst die Sehnsucht nach Frieden und Freude. Lass dich von dieser Sehnsucht führen, im Vertrauen, dass du nicht sterben wirst, sondern nur der Teil, der dir bisher im Wege stand. 

Probier es erstmal im Kleinen aus und koste die Befreiung – das Gefühl der Freiheit von dir selbst. Frei vom Zwang du selbst zu sein. Frei vom Druck und der Negativität und Aggression. Frei von deiner Identität. Und offen für deine Gefühle. Ganz zu sein, mit jedem verneinten Teil in dir.

Dann öffnet sich das Herz, denn: Du suchst nicht mehr nach Wegen, die dich ganz sein lassen und schaust nicht mehr nach Dingen, die dich dabei behindern. Denn du fühlst dich bereits ganz und angekommen, lebendig und frisch. Dein Ego-Verstand ist stumm, dein Herz ist offen.

Das geschieht von ganz allein. Du musst das nicht suchen. Du musst nur weglassen.

Und zwar deine Geschichte, dein Konstrukt. Stürze dich also in die Wellen des Unbekannten und entdecke das Leben, wie es ist, und nicht, wie du es gern hättest und du wirst wahre Befreiung und Tiefe finden. Und dein Herz wird dir zeigen, was du wirklich im Leben erschaffen willst. Frei von Abneigungen und Zuneigungen deines schmerzgetränkten Ego-Verstandes.

Jetzt hast du kreative Energie frei, die vorher zum Aufrechterhalten deines Konstruktes drauf ging. Diese Kreative Energie wird durch dich strömen und dich inspirieren. Lass dich von ihr tragen. Sie ist deine Zuflucht, dein Schirm im Regen, deine Wärme an kalten Tagen. Sie ist Liebe. 

Wenn du noch tiefer in deinen Transformationsprozess eintauchen möchtest, dann empfehle ich dir mein Buch „Der Schattenwolf in dir“ oder – solltest du dir persönliche Begleitung wünschen – du lässt dich von mir bei deinem Prozess in 1:1 Sitzungen coachen.

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